Das wissenschaftliche, ökonomische Denken von Michal Kalecki war vor allem durch die Ereignisse in der Zeit der großen Weltwirtschaftskrise geprägt. Er versuchte die Massenarbeitslosigkeit zu erklären, indem er das volkswirtschaftliche Kontensystem anwandte, in dem sich alle Ausgaben auch als Einkommen darstellen und umgekehrt. Der Ökonom Michal Kalecki konnte damit das so genannte Sparparadoxon erklären. Obwohl die Sparsamkeit in der orthodoxen Wirtschaftstheorie einen hohen Stellenwert einnimmt, kann sie auch in der gesamten Volkswirtschaft immensen Schaden anrichten.
Das Sparparadoxon des Michal Kalecki
Dieser tritt ein, wenn alle Bürger weniger Geld ausgeben, wodurch die Nachfrage nach Gütern fällt, wodurch sich die Lager mit unverkäuflicher Ware füllen. Es kommt zu Schließungen von Fabriken und Unternehmen. Arbeitsplätze gehen verloren, die Arbeitslosigkeit steigt.
Was für den Einzelnen gut ist, muss nicht zwangsläufig gut für die Gesellschaft sein. Senkt beispielsweise ein Unternehmen die Löhne, steigt sein Profit. Eine allgemeine Lohnsenkung senkt die Nachfrage in der gesamten Wirtschaft, wodurch die Gewinne fallen. Die Höhe der Produktion und der Beschäftigung hängt für Michal Kalecki in einer Marktwirtschaft entscheidend von der Gesamtnachfrage ab.
Michal Kalecki entwickelt die Profittheorie
Bekannt geworden ist Michal Kalecki auch durch seine Profittheorie. Er stellt darin die These auf, dass die Investitionen und der Konsum der Kapitalisten den Umfang der im Privatsektor anfallenden Gewinne bestimmen. Wenn die Unternehmer mehr investieren, steigt seiner Meinung nach die effektive Nachfrage stärker als die Investitionssumme, weil die Arbeiter in der Produktion auch mehr verdienen und so mehr für Konsumgüter ausgeben können. Dieser Prozess setzt sich solange fort, bis die Gewinne so hoch sind wie die Summe aus Investitionen und Kapitalistenkonsum.
Laut Michal Kalecki wirken Staatsausgaben, die über Schulden finanziert sind, in gleiche Weise wie Investitionen. In einer Depression würden sie nicht nur die Arbeitslosigkeit senken, sondern auch zu höheren Einkommen und Ersparnissen bei den Unternehmern führen, die so hoch wie das Defizit des Staatsbudgets ausfallen würden. Im Kapitalismus bestimmt die Nachfrage das Geschehen.
Kurzbiographie: Michal Kalecki
Michal Kalecki wurde 1899 in der polnischen Industriestadt Lodz geboren. Er studierte in Warschau und Danzig Zivilingenieurwesen, musste das Studium aber 1923 wegen Geldmangel abbrechen. Zum Nationalökonomen entwickelte er sich als Autodidakt, indem er als Wirtschaftsjournalist Fakten sammelte und sich mit Statistiken auseinandersetzte.
Ab 1929 arbeitete Michal Kalecki einige Jahre im Institut für Konjunktur- und Preisforschung in Warschau. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte er zu den führenden Theoretikern am Oxford Institute of Statistics. Nach Kriegsende erhielt er eine Stelle im Sekretariat der Vereinten Nationen und schrieb den „World Economic Report“.
1955 kehrte er nach Polen zurück. In Warschau arbeitete er zunächst als Regierungsberater, daran anschließen wechselte er in die Forschung, wo er sich bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1968 mit den Problemen des Wachstums, der Planung und der Wirtschaftsentwicklung beschäftigte. Michal Kalecki war bis zu seinem Tod 1970 noch wissenschaftlich tätig.
Von Hans Klumbies