Für Heiner Flassbeck ist die Marktwirtschaft nicht ein System, in dem jeder tun und lassen kann, was er will, sondern ein dienendes Element, aber nur ein Teil einer funktionierenden Demokratie. Eine Regulierung der Finanzmärkte ist angebracht. Die Blüte des marktwirtschaftlichen Systems war seiner Meinung nach die unmittelbare Folge des dramatischen Kollapses der gesamten Weltwirtschaft zu Beginn der 30iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Heiner Flassbeck erklärt: „Nur weil nach der großen Depression die wichtigsten Regierungen die Finanzmärkte strikt reguliert und auch international verhindert haben, dass mit der Nichtregulation der globalen Märkte Schindluder getrieben wurde, hat es das Wirtschaftswunder auf der ganzen Welt gegeben.“ Ohne das System von Bretton Woods und die amerikanische Regulierung der Finanzmärkte hätte es laut Heiner Flassbeck das deutsche Wirtschaftswunder nicht gegeben. Heiner Flassbeck arbeitet seit dem Jahr 2000 bei den Vereinten Nationen in Genf und ist dort als Direktor zuständig für die Division Globalisierung und Entwicklung.
Der Wechselkurs ist der zweitwichtigste Preis einer Volkswirtschaft
Heiner Flassbeck stellt klar: „Nichts außer der Beeinflussbarkeit durch die Finanzmärkte selbst hindert die Regierungen dieser Welt daran, etwas Ähnliches wieder zu tun.“ Die entscheidende Voraussetzung für ein weitgehend spekulationsfreies internationales System ist seiner Meinung nach die vollständige Beendigung der Spekulation mit Währungen. Der Wechselkurs zwischen Währungen ist nach dem Zins der wichtigste Preis in einer offenen Volkswirtschaft. Denn die Wechselkurse von Währungen bewegen alle Außenhandelspreise in zwei Ländern.
Heiner Flassbeck ist fest davon überzeugt, dass solange dieses monetäre Problem nicht gelöst ist, auch für andere Probleme keine Lösungen gefunden werden. Der Volkswirt schlägt vor: „Wenn die Welt sich entschließen würde, das Währungssystem möglichst handelsneutral zu machen, müssten man dafür sorgen, dass die nominalen Wechselkurse weitgehend den Inflationsdifferenzen der Länder folgen.“ Das ist in den Augen Heiner Flassbecks keinesfalls revolutionär, sondern nur was jedes Lehrbuch der Volkswirtschaftslehre von funktionierenden Devisenmärkten erwarten würde.
Der reale Wechselkurs zwischen Nationen sollte konstant sein
Dann wäre laut Heiner Flassbeck die Größe, die Ökonomen den realen Wechselkurs nennen, jederzeit konstant. Der reale Wechselkurs ist das entscheidende Maß für die Wettbewerbsfähigkeit zwischen Volkswirtschaften. Heiner Flassbeck erklärt: „Wäre dieser reale Wechselkurs konstant, würde ein Land mit hohen Inflationsraten systematisch entsprechend der Inflationsdifferenz abwerten und damit nicht an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber seinen Handelspartnern verlieren.“
Regulierung der Finanzmärkte bringt Vorteile
Andererseits wäre es gemäß Heiner Flassbeck dann auch nicht mehr möglich, dass Länder, indem sie ihren Gürtel enger schnallen, anderen Ländern Marktanteile abzujagen versuchen. Seiner Meinung nach hätte eine allgemeingültige Regel, wonach der reale Wechselkurs zwischen Nationen konstant sein sollte, einen weiteren unschätzbaren Vorteil: „Weil die Inflationsdifferenzen zwischen den Ländern normalerweise den Zinsdifferenzen entsprechen, würde die Währung eines Landes mit relativ hohen Zinsen ebenfalls regelmäßig abgewertet.“
Das wiederum würde laut Heiner Flassbeck den entscheidenden Mechanismus des carry trade, der in den vergangenen Jahren das Weltwährungssystem aus den Fugen gebracht und ganze Länder in den Abgrund gestürzt hat, mit einem Schlag beseitigen. Denn der Gewinn durch Zinsarbitrage würde durch die Wechselkursanpassung vollständig aufgezehrt.
Von Hans Klumbies